Hinweise
Gedenkbuch Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 bis 1945, darin:
Projekt Stolpersteine
Stolperstein-AG des Frauenlob-Gymnasiums Mainz
Presseberichte
Zurück zu den Wurzeln
New Yorkerin Joan Salomon im Heimatort ihrer Mutter
Am 15. August 2014 besuchte Joan Salomon aus New York den Geburtsort ihrer Mutter. Helina Mayer war am 23. März 1914 in Essenheim auf die Welt gekommen. Die Eltern Markus, genannt "Max", und Jettchen Mayer betrieben in der Hauptstraße 9 einen kleinen Kolonialwarenladen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten gaben sie das Geschäft auf und zogen nach Mainz, wo Max Mayer 1935 verstarb. Die ältere Tochter Helina ging in die Niederlande. Von dort gelang ihr kurz nach Kriegsausbruch 1939 die Ausreise nach New York. Ihre Mutter und die jüngere Schwester Ruth, geboren am 13. August 1921 in Mainz, wurden am 30. September 1942 in den Osten deportiert und wenige Tage später im Vernichtungslager Treblinka ermordet.
Als Joan Salomon nach dem Tod ihrer Mutter deren Nachlass ordnete, fand sie viele Briefe und Unterlagen und begann sich erstmals intensiv mit dem Schicksal ihrer Familie zu befassen. "Meine Mutter hat wenig über die Zeit der Verfolgung und Flucht und über ihre Familie geredet", berichtet Joan. "Ich wusste nur, dass Großvater Max im Ersten Weltkrieg Soldat war und und erst lange nach Kriegsende aus russischer Gefangenschaft in Sibirien heimkehrte. Einmal, 1964, besuchte ich als junges Mädchen mit meiner Mutter Essenheim. Wir machten ein paar Fotos von dem Haus meiner Großeltern. Meine Mutter sprach kurz mit einer älteren Frau, die im Nachbarhaus aus dem Fenster schaute, sonst hatten wir keine Kontakte".
Dieses Mal wurde Joan Salomon von Bürgermeister Hans-Erich Blodt, dem Beigeordneten Dr. Hans-Otto Herr, dem Vorsitzenden des Dorf- und Geschichtsvereins Stefan Mossel, der den Kontakt zu Joan Salomon hergestellt hatte, sowie weiteren Mitgliedern des Vereins empfangen. Im Rathaus berichtete sie den Zuhörern von der Flucht Helina Mayers in die USA und ihren erfolglosen Versuchen, Mutter und Schwester die Ausreise aus Deutschland zu ermöglichen. Lothar Bembenek hatte einen Stammbaum der weitverzweigten Familie Mayer, die seit etwa 1750 in Essenheim ansässig war, angefertigt und erläuterte die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den jüdischen Familien Essenheims. Anschließend besuchte man gemeinsam das Haus der Großeltern in der Hauptstraße, die Gedenkstätte für die ehemalige Synagoge in der Klappergasse und den jüdischen Friedhof an der Wackernheimer Straße, wo einige Verwandte von Joan Salomon bestattet sind.
Von links nach rechts:
Adam Braunewell, Lothar Bembenek, Dr. Hans-Otto Herr, Joan Salomon, Hans-Erich Blodt, Emil Weichlein, Elsa Schmahl und Reinhard Frenzel
Joan Salomon versprach, im nächsten Jahr noch einmal mit ihrem Mann zu einem längeren Besuch nach Essenheim zu kommen. Nach der Überreichung eines Weinpräsents durch die Gemeinde und eines Exemplars des Buches "Essenheim – Geschichte und Geschichten", in dem die jüdische Gemeinde ausführlich dargestellt wird, durch den Dorf- und Geschichtsverein, fuhr Joan Salomon zurück nach Mainz, wo am nächsten Tag der Künstler Gunter Demnig Stolpersteine zum Gedenken an Joans ermordete Großmutter Jettchen Mayer und ihre Tante Ruth vor deren letztem frei gewählten Wohnhaus in der Klarastraße 29 in Mainz verlegte. Begleitet wurde Joan von Reinhard Frenzel, der seit Jahren die Geschichte des jüdischen Mainz erforscht und den Besuch in Deutschland mit organisierte.